Gestern habe ich unsere Katze umgebracht. Mit jedem Mal, wo ich sie so faul rumliegen sah, ging sie mir mehr auf den Sack, bis es mir gestern definitiv zu viel wurde.
Jeden Morgen gehe ich um sechs Uhr aus der Wohnung, um um sieben rechtzeitig im Büro zu sein, bevor die Kollegen und vor allem die Chefs eintreffen. Im Prinzip würde es gar keine Rolle spielen, ob der Empfang so früh schon besetzt ist, aber ich kann drauf wetten, dass für den Fall, dass ich einmal später erscheine, bestimmt einer der Partner etwas Wichtiges, wie zum Beispiel eine Restaurantreservation, hätte in Auftrag geben müssen.
Und dann beginnt der ganze Tag voller Scheisse. Gemäss meinem Jobprofil habe ich mich in erster Priorität um den Empfang unserer Kunden zu kümmern. Ich begrüsse sie, ich nehme ihnen im Winter die Mäntel ab, ich führe sie zum Sitzungszimmer, scherze mit ihnen, biete ihnen Kaffee oder Softdrinks an, teile den Partnern mit, dass der Kunde eingetroffen ist, erledige auch mal den Check-In, mache eine Umbuchung, rufe ein Taxi, frage nochmals nach Kaffeewünschen, mache Restaurantreservationen. Weiter nehme ich externe Anrufe entgegen und leite sie in die Kanzlei weiter.
Damit die Zeit dazwischen nicht wertlos verpufft – bezahlt würde ich ja- hat man mir zusätzliche Verantwortung übergeben. So helfe ich bei der Archivierung, mache Spesenabrechnungen und lese auch mal ein Memo korrektur. So ist jede Minute genutzt, bin permanent auf Trab, es reicht kaum zum pinkeln.
Eine Garantie, dass ich abends beizeiten aus dem Büro komme, hab ich trotzdem nicht. Oft gibt es noch was Dringendes, „was höchste Priorität hat“. Am Schlimmsten ist es, wenn einer der Anwälte Geburtstag hat, dann kann ich nämlich neben der Vorbereitung des Apéro danach noch aufräumen, wenn sich die letzten alten Säufer endlich verzogen haben. Unsere Einkäufe erledige daher über Mittag.
Und dann kommst Du nach Hause. Die Kinder haben sich meistens selber was gemacht, aber die Küche ist nie ordentlich aufgeräumt und Dein Mann kann nicht kochen – man muss sich das mal vorstellen. Dann streicht Dir die Katze um die Beine, miaut, womit sie andeutet, dass ihr Futternapf leer ist und kaum vollgefressen, schleicht sie sich zurück in ihren Korb, gähnt, blinzelt und schläft weiter.
Nicht selten bin ich die letzte, die ins Bett kommt. So auch gestern. Noch einmal schaute mich unsere Katze aus einem Auge an und gähnte. Ohne viel nachzudenken, habe ich die Putzhandschuhe angezogen, die Katze ins Badezimmer gezerrt, sie in der Kloschüssel gedrückt, ersäuft, dann in unseren halbvollen Kehrichtsack gesteckt und den Sack im Container vor dem Wohnblock entsorgt. Morgen früh kommt die Müllabfuhr.
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