Wir waren alle hell begeistert von Adrians Wandel. Bis da war er hauptsächlich durch abschätzige Bemerkungen zu Diversity-Initiativen von Konkurrenten aufgefallen. Wann immer das Thema zu Sprache kam, blockte er mit: «Ich will mir doch nicht vorschreiben lassen, wie ich meine Belegschaft zusammenstelle!» Ganz allgemein zeichnete er sich nicht durch Offenheit gegenüber neuen Ideen aus. So findet er die Forderung nach einem Vaterschaftsurlaub totalen Schwachsinn und wer nicht wisse, ob er Frau oder Mann sei, erachtete er als krank. Aber auch Vorschläge, firmeninterne Abläufe zu verbessern, stossen auf wenig Verständnis. Wer hier die Firma führe, bekamen wir in der Regel zu hören.
Wir glaubten uns auf einem fremden Planeten, als er an einer monatlichen Firmenversammlungen ankündigte, ein Diversity-Programm zu lancieren. Als Sofortmassnahme liess er einige der Männertoiletten in geschlechtsneutrale Toiletten umfunktionieren. Er verfügte auch, dass das Personalbüro bei Stellenausschreibungen ausdrücklich darauf hinweisen muss, dass Lebensläufe ohne Geschlechts– oder Altersangaben und ohne Foto eingereicht werden müssen. Vor versammelter Belegschaft erklärte Adrian, er gestehen ein, einen Fehler gemacht zu haben, indem er sich zu lange gegen den Strom der Zeit gestellt habe.
Offensichtlich gibt es nur einen bewohnbaren Planeten. Als Freddy, einer unserer Lieferwagenfahrer, seitwärts anstatt rückwärts an die Rampe fuhr, musste er sich was anhören. Obwohl das Laden von der Seite einfacher ist, lässt Adrian dies nicht zu, weil die Auspuffgase schwarze Flecken an der Wand hinterlassen. Er blockte auch bei den schallschluckenden Wänden, die Lisa, unsere Office-Managerin, zur Dämpfung des Lärmpegels zwischen den Büroarbeitsplätzten einrichten wollte. Dies schade der firmeninternen Kommunikation. Mit anderen Worten dauerte es etwas, bis uns dämmerte was die wahre Motivation hinter Adrians Wandel sein könnte. Als ihm Lisa anlässlich einer Diskussion um das getrennte Sammeln von Abfällen vorwarf, er sei nicht offen für Neues, gab er zur Antwort, er denke, dass die Einführung des Diversity-Programms wohl Beweis genug dafür sei, dass er offen sei.
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